Berlin: Wieder einmal geht es Richtung Mannheim. Die Corona-Beschränkungen geraten in Vergessenheit wie einst die Jugend, nur dass ersteren keiner wirklich nachweint. Es wird wieder ohne Maske gereist – also auch im Zug. Bei der Buchung des Zuges war ich gar nicht so viele Wochen im Voraus, doch der Preis von 16€ verlockte mich nicht unerheblich genau diesen Zug zu wählen. Klar wäre gestern besser. Schließlich musste ich nicht zur Arbeit aufgrund des Feiertages zum Bedanken bei unseren Frauen. Doch die Preise waren einfach zu unterschiedlich. (🇬🇧 translate article)
Ok beschreibe ich mal kurz die Fahrt. Erst muss man ja erst einmal zum Hauptbahnhof kommen. Der Bus brauche 20 Minuten, wenn er denn so führe wie er solle. 33% länger finde ich schon erwähnenswert für diejenigen, welche zum Bahnhof führen, um dort Anschluss zu haben. Dieser könnt bisweilen schon unterwegs. Ich erhalte eine Meldung von der DB App -Fahrt fällt aus.- Ich frag mich – für dich oder für mich? Auf dem Bahnsteig steht allerdings die Krönung der deutschen Ingenieurskunst, wartend auf Abfahrt in meine Richtung. Die Fahrt fällt also nicht aus, sondern nur die Fahrt mit dem ICE597, da dieser defekt. Das ist mir eigentlich ziemlich egal, mit welchem Zug wir fahren, Hauptsache er fährt. Der ICE2917 hat allerdings ’ne andere Wagen- wie Sitzplatzaufteilung. Das kann bei den sturen Passagieren schon zu einigen Verwirrungen führen, beständen sie auf ihren Platz. Ich freu mich schon.
Dann geht es pünktlich los. Verwundert bin ich allenthalben über die Richtung die er einschlägt. Mich dünkte, dass wir uns südlich orientieren sollten, fahren aber nach Norden. In Gesundbrunnen bekommt er noch mal die Kurve und so geht es erst einmal nach Osten?? und um ganz Berlin herum. In mir schlich sich die Vermutung ein, dass wir beim Flughafen vorbeifahren würden, aber nee. Kurz vorher biegt er ab und steht dann neben der Landebahn in Wassmansdorf auf dem Gleis. Interessant fand ich die Durchsage, welche daraufhin erfolgte, dass diese nicht wie üblich durch irgendwelche Baumaßnahmen an der Strecke, warten auf einen entgegenkommenden Zug, unerwartetem Schneefall im Winter oder sonstigen Verkettungen von Unwegsamkeiten, welche so häufig benutzt werden, sondern total fahrplanmäßig ist. OKeee!
So geht es weiter den Berliner Außenring entlang bis wir wieder auf die Nord-Südstrecke, auf welcher wir starteten, treffen und sie ab hier in die richtige Richtung nehmen. So ganz verstehe ich nicht dieses Prinzip des ICE. Das sollte doch die schnellste aller Möglichkeiten sein von A nach einem entfernten B zu kommen, oder? ( Ich wollte von B nach MA – macht hoffentlich keinen Unterschied 😏) Warum nehmen wir diesen Umweg?
Die flache Landschaft des südlichen Brandenburgs zieht an uns vorüber. Schwelle um Schwelle kämpfen wir uns dem Ziel entgegen. Schneeflocken sind alle gefallen. Hier bewegt sich nur eins. Wir.
Der Zug ist nahezu leer. Der Speisewagen wartet auf Gäste. Wir halten in Wittenberge. Ich frage mich warum. Warum halten wir nicht auch in Ludwigsfelde und Trebbin? Klar freuen sich die Wittenberger über ICE Anschluss, aber es läuft doch dem Konzept diametral entgegen, wenn der ICE wie ne Bimmelbahn an jeder Milchkanne hält.
Nun kommt Leipzig, dann Erfurt. Wir sind zu früh. Ich muss lächeln. Zu früh! Also beides.
Am Bahnsteig stehen zwei ICE. Beide nach München. Stiftet bei den in letzter Minute Heraneilenden etwas Verwirrung.
11:34 Die Türen schließen und die Anzeige wechselt. Ein Zug fährt, der andere bleibt. Ratet mal welcher! Es sei irgendwas Technisches, warum wir hier verweilen. Dass der Lokführer kein Bock hat, trifft also nicht zu. Ich bin nur zum Teil beruhigt. Die Klimaanlage geht aus. Geht wieder an. 11:38 Wir fahren! 20m. Halten wieder an. 11:41 geht wieder es los. Erst mal ganz vorsichtig. Ich denke so bei mir »mal sehen wie langer er hält und wann ich ankomme« da kommt die Durchsage, dass wir bis Eisenach 2 Minuten aufholen. Noch immer schleichen wir mit 20km/h durch Erfurt. Wie soll das gehen?
11:48 der Zug steht wieder – kaputt! Oh Mann. Sind ja immerhin grad aus dem Bahnhof raus. Auf dem Gleis nebenan drängeln sich die Züge. Dann alles aus bei uns. Kein Strom, kein Kaffee, keine Türen. Der Zug wird resettet. • Ich überleg grad, wie man zu Reichsbahnzeiten einen Dampfzug resettet hat. Kohlen raus und wieder rein? Da gabs doch nur einen Grund, um auf der Strecke zu bleiben. Kohlen alle. • Irgendwann gehts wirklich weiter. Wir sitzen gespannt und hoffen. Kennt ihr das? Jede Schwelle zählend, dem Zug zuflehend – toll gemacht und nun noch eine – freuend über jeden Millimeter und immer das Schlimmste im Kopf, welches bis jetzt noch nicht eingetreten. Langsam verfestigt sich die Hoffnung. Wir fahren erst einmal und werden auch immer schneller. Kurz vor Fulda ist wieder die Luft raus. Wir stehen irgendwo. Fragende, ängstlich Blicke rundherum. Wenig später die Durchsage »Tja, wir stehen wieder mal rum. Der Grund ist mir leider nicht bekannt.« Wir atmen erleichtert aus. Es scheint wie immer. Auf der Anzeige steht: ∞ Schön, dass Sie sich für die Deutsche Bahn entschieden haben. Genießen Sie Ihren Aufenthalt. ∞
In Fulda fliegen wir mit ca. eine Stunde Verspätung ein. Wir sitzen hier drinnen und überlegen, ob wir den Zug wechseln sollten. Ich geb dem noch ne Chance. Wenn er aus dem Bahnhof wieder nicht raus kommt, war‘s das! Er schafft’s.
Aufgeholt wird natürlich nichts. Meine Mitreisende gegenüber sagt, dass sie sich noch niemals so langsam bewegt gefühlt habe. Irgendwo hat sie recht. Wir überqueren den Main bei Frankfurt, fahren allerdings nicht in die Stadt rein. Habe ich schon jemals in F-Süd gehalten?
Weiter geht es über Biblis und hier biegen wir mal kurzerhand nach rechts ab. Ich weiß zwar nicht warum, möchte aber auch nicht fragen. Immerhin sehen wir so Worms.
Fast unmerklich schleichen wir durch Ludwigshafen und von da nach Mannheim. Ich bin tatsächlich angekommen. Nur 60 Minuten Verspätung. Das geht schon noch. Ich möcht‘ mich bei dem Preis auch gar nicht beschweren. Ja, das ist die Geschichte, die die Bahn erzählt.
Nun nur noch die Straßenbahn….
Wir möchten irgendetwas drinnen machen. Draußen pfeift noch ein ziemlich eisiger Wind um die Häuser. So fahren wir zum Marchivium – Mannheims Archiv, Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung. Das liegt in MA-Neckarstadt. Ehrlich war ich da noch nie.
Wir werden gefragt, ob wir die Ausstellung besuchen wollen. Klar, was sonst? Tja, da gibt es gerade ein Systemausfall. Wir sollen erst mal reingehen und uns ein wenig umschauen. Ein Ticket können sie uns so nicht verkaufen.
Ich versteh noch nicht ganz was das Problem sei. Wir schauen uns erst mal die Geschichte der Stadt an. Wie viele Einwohner gezeugt, gestorben sind, mit den dazugehörigen geschichtlichen Ereignissen.
Ich lauf so an einem Bild vorbei und – sag mal, glotzt der mich an? Tatsächlich bewegt er sich. Hab ich so auch noch nicht gesehen. Dann wird dir auch noch ein Teil seine Geschichte aus seiner Perspektive von ihm erzählt.
Ein paar mal wurde das System neu hochgefahren und wir erfuhren, wie interaktiv die Ausstellung war. GG durfte ein Benz Dreirad durch Old-MA steuern.
Geschichtliche Fakten sind viele hinterlegt. Hier nicht nur in Textform. Ein großes Pult mit allerlei Knöpfen lässt dich durch Jahrhunderte gleiten zu unterschiedlichen Themenbereichen und dann noch Kategorien auswählen wie -Schön versus Hässlich. Hey – uns so kommen durch die Spielerei schon so manche Fakten zutage, welche du niemals zu suchen bereit.
100 Jahre schon – hätt ich nicht gedacht.
Und das erst – Nachtbürgermeister…
Son paar Mannheimer Sprosse und was sie machte bekannt.
Kenne ich nicht, doch es macht mich neugierig. Mannheimer Dreck – ja – ich stand auch erst sehr fragen davor. Die Antwort bekommen wir ein wenig später geliefert.
Oben ist noch eine Ausstellung über die eher düsteren Jahre und deren Folgen. Mannheim ist ja auch wesentlich platt gemacht worden. Viele Familien habe ewig in Bunkern gewohnt. Der Letzte ist im August 66 ausgezogen. Das fand ich schon erstaunlich. In Relation zu heute – mit wie wenig waren die zufrieden und über welche Kleinigkeiten haben die sich riesig gefreut.
Zum Schluss versuche ich mich an diesen Bildschirmen mit einem Haufen kleiner Notizen und Bildern. Mit jedem Tippen schränkst du weiter ein und gehst immer tiefer ins Detail. Ich geb’s zu – Archiv kann auch neugierig machen.
Mehr will ich nicht erzählen – geht einfach mal selber hin und probiert es aus!
Wir gehen einmal um den Block. Ist sehr Multikulti hier. Im Möhrenköpfle, was mal ohne die vorderen Pünktchen auf dem o hieß, fanden wir die Erklärung für Mannemer Dreck verkauft in einer Mülltonne. Also im Schaufenster. Das ist so eine Art Makrone. Zurückzuführen auf einen Erlass vom Stadtamtsvorstand, welcher um 1820 endlich unterbinden wollte, dass jeder seine Toilettenabfälle auf der Straße entsorgt. Das nahm ein geschäftstüchtiger Bäcker als Werbekampagne für sein Gebäck.
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